Neue Ansätze in der Architektur zeigen einen Trend zu Konzepten des häufig genutzten, theoretisch und historisch jedoch kaum definierten Begriffs Upcycling. Dabei geht oft vergessen, dass die Geschichte des Bauens immer auch eine Geschichte der Wieder- und Weiterverwendung war – erstens von Baumaterialien und Bauteilen, zweitens von Bauwissen und Baustilen. Bauwerke wieder als Teil eines Prozesses im gesellschaftlichen Wandel zu verstehen, hinterfragt unsere heutigen Gewohnheiten und ein modernes Verständnis von Eindeutigkeit, Abgeschlossenheit und Autorschaft von Architektur. Während das erste Symposium das Potenzial historischer Konzepte des Upcyclings untersucht hat, fokussiert das zweite Treffen auf die qualitative Wiederverwendung von Bauten und Bauteilen und stellt sie neuen Entwicklungen in der Architektur- und Baupraxis gegenüber.
Ziel der Symposien ist die Eröffnung neuer Verständnisebenen und die Untersuchung der Frage, inwiefern sich neue Lösungen für die Architektur der Zukunft gewinnen lassen; damit «Wiederverwendung und Upcycling» keine Frage von Idealismus, sondern ein Argument der Ökonomie und gestalterisch-konstruktiven Qualität werden kann.
In den einführenden Worten fordert Anne Brandl, Co-Leiterin Institut für Architektur und Raumentwicklung, die Teilnehmer des ReUse-Syposiums auf, über den eigenen Tellerrand zu schauen; denn Architekten und Architektinnen nähmen eine Schlüsselposition ein, speziell im gesellschaftlichen Kontext des Bauens.
Daniel Stockhammer, Postdoktorand im Bereich Architektur und Wiederverwendung, organisierte die Symposien. Im Eröffnungsvortrag wies er darauf hin, dass die Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt einen Paradigmenwechsel im Ressourcenverbrauch unumgänglich macht und forderte, dass «neues» Bauen sich vom Dogma des Neubaus lösen müsse. Baubestand soll nicht zum Abfall, sondern künftig wieder als Quelle von Ressourcen und Ideen betrachtet, seine Wieder- und Weiterverwendung als architektonisches Potenzial verstanden werden.
ReUse & UpCycling in der Praxis
Im ersten der drei Vorträge berichtet Nicholas Ransome, ehem. Austauschstudent an der Universität Liechtenstein, dass er das erste Mal während seines Studiums bei Prof. Peter Staub an der Universität Liechtenstein mit „Industrial Scale Upcycling“ in Berührung kam und ihn dies bis heute in seiner Tätigkeit als Architekt und Städteplaner bei der Lendager Group in Kopenhagen begleitet. Das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Architekturbüros im Bereich ReUse und UpCycling und produziert und verkauft eigene Produkte, und berät Institutionen und Organisationen im Bereich der Kreislaufwirtschaft.
Die Industrial Designerin Lisa Ochsenbein aus Zürich berichtete in ihrem ersten Projekt von ihrer Tätigkeit als Projektdesignerin beim Taschenproduzent Freitag. Sie untersuchte dort zum Thema «Urban Dilemmas» im Speziellen das Thema des Restbetons im Bauprozess, und was man daraus entwickeln kann. Vor mehr als 6 Jahren gründete sie zusammen mit weiteren Partnern den erfolgreichen Verein Pumpipumpe, ein Netzwerk zur Aktivierung der Nachbarschaft. Durch das Anbringen von Stickern, können Alltagsgegenstände mit den Nachbarn geteilt werden und ermöglichen einen bewussten Umgang mit den Ressourcen und eine lebendige Nachbarschaft.
Zurück aus Afrika gründete die Architektin Barbar Buser mit anderen den Verein Bauteilbörse Basel, und beschäftigten dort Arbeitslose, die unterschiedlichsten Bauteile an bis zu 16 Standorten neu kombinierten. In ihrem Architekturbüro insitu stehen vor allem die Themen umbauen, umnutzen, modulare Architektur und das wieder einsetzten von Bauteilen im Vordergrund. Der nächste für sie wichtige Schritt mit ihrem Architekturbüro sind die Projekte Sulzerfabrik mit 50.000m2 und ein Grossprojekt der Stadt Basel, die wegweisend für ihr aktuelles Projekt, ein Atelierhaus sind, bei dem sie zu 100% alles wiederverwenden. Dabei ist das beibehalten der Bausubstand und nur ergänzen wo nötig durch gebrauchte Materialien das Ziel.