Digital Innovation
“Digital Innovation” beschreibt das Design und die Implementierung von neuartigen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen, bei denen entweder der Innovationsprozess, dessen Resultate oder die sich daraus ergebenden organisatorischen oder sozialen Veränderungen in digitalen Technologien verankert sind oder durch diese ermöglicht werden.
Dabei interessieren wir uns insbesondere für Technologien wie z.B. künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge sowie plattformbasierte Ökosysteme, die Prozesse nicht nur digital abbilden, sondern tiefgreifende Veränderungen in Organisationen hervorrufen.
Zentrale Fragen sind:
- Wie werden digitale Innovationen entwickelt und implementiert?
- Wie verändern digitale Technologien die Organisation von Arbeit?
- Wie interagieren digitale Technologien, um immer komplexere Ökosysteme zu bilden?
- Wie sollte die Wirtschafsinformatik gestaltungsorientiertes Wissen formulieren, um Organisationen bei der Entwicklung und Implementierung digitaler Technologien zu unterstützen?
Ausgewählte Projekte
Digital Capital Creation
Gegenstand des Projektes ist die Untersuchung der Rolle digitaler Technologien im Rahmen der Erschaffung und Transformation verschiedener Formen von Kapital.
Die Generierung von Kapital ist ein Kernziel aller Organisationen. Privatwirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Einrichtungen versuchen, eine Kapitalform oder mehrere Kapitalformen zu vermehren: ökonomisches Kapital, Humankapital, organisationales Kapital, natürliches Kapital, Sozialkapital und symbolisches Kapital. Unternehmen streben danach, die Kapitalproduktivität ihrer Wettbewerber zu übertreffen und auch öffentliche Einrichtungen verfolgen das Ziel immer höherer Kapitalproduktivität, um so der Wirtschaft und Gesellschaft bestmöglich dienen zu können. Während die meisten Organisationen ein implizites Verständnis ihrer Rolle im Kontext der Kapitalgenerierung haben, so wird diese jedoch häufig nicht explizit ausgesprochen:
- Organisationen müssen ihren Kapitalmix sowie die Transformationsprozesse zur Überführung einer Kapitalform in andere Kapitalformen verstehen (z.B. die Transformation von Organisationskapital in ökonomisches Kapital).
- Politische Entscheidungsträger sind daran interessiert, die Konsequenzen ihrer Entscheidungen für die Generierung bestimmter Kapitalformen nachvollziehbar zu gestalten, um zu zeigen, wie diese der Vermehrung des Kapitals auf gesellschaftlicher Ebene zuträglich sind.
Die Digitalisierung ist seit mehr als einem halben Jahrhundert ein wesentlicher Treiber der Erhöhung der Kapitalproduktivität – auf individueller, organisationaler und gesellschaftlicher Ebene. Viel Kapital liegt heute in digitaler Form vor und auch die Prozesse der Kapitalgenerierung sind zunehmend digital. Dennoch wissen wir wenig darüber, wie Organisationen oder der Staat die digitale Kapitalgenerierung und -transformation unterstützen können:
- Welches sind die Kernmechanismen, die digitale Kapitalgenerierung auf Ebene von Organisationen und Staat ermöglichen?
- Welche Kernakteure und -elemente spielen wichtige Rollen bei der digitalen Kapitalgenerierung?
Designen mit autonomen Systemen
Im Rahmen dieses Projektes untersuchen wir, welche Möglichkeiten autonome Designsysteme bieten und wie sie die Organisation von Arbeit verändern.
Autonome, intelligente Systeme verändern Arbeitspraktiken in verschiedenen Industrien. Diese Werkzeuge sind in der Lage, Resultate mit wenig oder ohne Intervention menschlicher Akteure zu generieren. Diese Resultate – Designs – können eine Komplexität besitzen, die die Möglichkeiten menschlicher Designer bei weitem übertrifft. Anwendungen finden wir beispielsweise im Rahmen der Erstellung von Benutzerschnittstellen für komplexe Softwaresysteme, der Generierung für Layouts für Halbleiterchips sowie der Erstellung von Inhalten für moderne Videospiele.
Diese Entwicklung wird durch den vermehrten Einsatz von Techniken der künstlichen Intelligenz (KI), wie maschinelles Lernen oder genetische Algorithmen, begünstigt und beschleunigt – Techniken, die in der KI-Community über Jahrzehnte hinweg entwickelt wurden, aber erst jetzt produktiv in verschiedenen Branchen genutzt werden. Die zunehmende Verwendung dieser Systeme ihrerseits basiert auf der Verfügbarkeit von ständig wachsenden Datenströmen, zunehmender Rechenleistung, Breitband-Netzwerken, Sensortechnologien, Cloud-Computing und plattformbasierten Ökosystemen.
Ausgewählte Publikationen
Gregor, S., Chandra Kruse, L., & Seidel, S. (2020). The Anatomy of a Design Principle. Journal of the Association for Information Systems, 21(6), 1622-1652.
Berente, N., Seidel, S., & Safadi, H. (2019). Research Commentary - Data-Driven Computationally-Intensive Theory Development. Information Systems Research (ISR), 30(1), 50-64.
Lehrer, C., Wieneke, A., vom Brocke, J., Jung, R., & Seidel, S. (2018). How Big Data Analytics Enables Service Innovation: Materiality, Affordance, and the Individualization of Service. Journal of Management Information Systems (JMIS), 35(2), 424-460.
Seidel, S., Berente, N., Lindberg, A., Lyytinen, K., & Nickerson, J. (2019). Autonomous Tools and Design: A Triple-Loop Approach to Human-Machine Learning. Communications of the ACM, 62(1), 50-57.
Seidel, S., Recker, J., & vom Brocke, J. (2013). Sensemaking and Sustainable Practicing: Functional Affordances of Information Systems in Green Transformations. Management Information Systems Quarterly (MIS Quarterly), 37(4), 1275-1299
Werder, K., Seidel, S., Recker, J., Berente, N., Gibbs, J., Abboud, N., & Benzeghadi, Y. (2020). Data-Driven, Data-Informed, Data-Augmented: How Ubisoft's Ghost Recon Wildlands Live Unit Uses Data for Continuous Product Innovation. California Management Review, 62(3).