Begrüsst wurden die rund 60 BesucherInnen von Bianca Lins, welche auf die Besonderheiten des Jahres 2020 verwies. Neben freudigen Ereignissen wie der 25-jährigen Mitgliedschaft Liechtensteins im EWR und des In-Kraft-Tretens des Token-und VT-Dienstleister-Gesetz, stand dieses Jahr doch ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Neben den grossen Herausforderungen für Gesellschaft und Wirtschaft, brachte die Krise auch einen enormen Digitalisierungsschub mit sich – «fast, wie ein grosses digitales Experiment in Echtzeit», so Bianca Lins.
In seiner Keynote zum Thema «Blockchain & DLT: Vergangenheit, Gegenwart & Zukunft“ betonte Regierungschef Adrian Hasler die grosse Chance, welche die Digitalisierung als Innovationstreiber für ganz Europa bietet. Liechtenstein hat diese Chance mit dem Erlass des «Blockchain-Gesetzes» frühzeitig genutzt; die Europäische Kommission zieht mit dem Digital Finance Package nach. Nun gilt es, so Hasler, den mutigen Weg weiter zu gehen und Innovation nicht nur zuzulassen, sondern weiterhin aktiv zu fördern.
Im Zentrum des Vortrags von Rechtsanwalt Thomas Nägele, Managing Partner, NÄGELE Rechtsanwälte GmbH (Vaduz), standen die künftigen Einsatzmöglichkeiten der Blockchaintechnologie in den Sekundärmärkten des europäischen Kapitalmarkts. Vor allem in der Nachhandelsphase könne die Blockchain genutzt werden, um als Technologie «where the magic happens» Gegenparteirisken zu migitieren und so Finanztranskationen effizient und gleichermassen vertrauenswürdig zu gestalten.
Der Vortrag von Prof. Dr. Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Centers, Frankfurt School of Finance & Management (Frankfurt am Main), war dem Thema «Der programmierbare Euro und die Tokenisierung von Industriegütern» gewidmet. Der Referent hob die bereits jetzt vereinzelt vorzufindenden guten Regulierungsansätze im Bereich der Blockchain hervor, jedoch nicht ohne gleichzeitig zu betonen, dass der digitale Euroraum abseits des Bereichs der Geschäftsbanken noch grosses Aufholpotential gegenüber anderen globalen Playern, insbesondere China, habe.
Einen vertieften Einblick in die von den vorigen Referenten gelobte „Digital Finance Strategy“ der Europäischen Kommission bot Dr. Joachim Schwerin, Principal Economist, Europäische Kommission, Generaldirektion GROW (Brüssel), in der zweiten Keynote des Tages. Im Hauptfokus der Europäischen Kommission stehe das Ziel, eine vollkommen integrierte Ökonomie zu schaffen, in welcher die gesamte Wertschöpfung auf der Blockchain möglich sei. Neben ökonomischen seien hierbei auch nicht-ökonomische Faktoren wie Bildung und zivilrechtliche Ordnungen entscheidend. Liechtenstein sei in diesem Bereich durch die entsprechenden Weiterbildungsprogramme der Universität, insbesondere dem Zertifikatsstudiengang Digital Legal Officer, und der fortschrittlichen Gesetzgebung sehr gut aufgestellt.
Prof. Dr. Nicolas Raschauer, Inhaber des Propter Homines Lehrstuhls für Bank- und Finanzmarktrecht, Universität Liechtenstein, zeigte, dass Digitalisierung in der Finanzwelt auch abseits von Blockchainregulierung stattfindet. So hat die Einführung sogenannter Zahlungsauslösedienstleister und Kontoinformationsdienstleister durch die PSD 2 auch im traditionellen Bankensektor wesentliche Neuerungen gebracht. Entgegen weitläufiger Befürchtungen, steht diese Entwicklung nicht im Gegensatz zum Regime der DSGVO, sondern kann der XS2A unter den Grundsätzen Datensparsamkeit und Zweckbindung rechtkonform durchgeführt werden.
Im Anschluss an den Netzwerklunch referierte MMag. Luca Caramanica, Juristischer Spezialist, Stab der Geschäftsleitung, Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (Vaduz), zum spannenden Thema „Künstliche Intelligenz in der Finanzmarktregulierung und –aufsicht“. Prinzipiell, so der Referent, steht jeder Bereich des Finanzsektors der Anwendung der KI offen. Aufgrund der grossen Daten- und Meldeflüsse birgt die KI auch für Aufsichtsbehörden grosses Potential.
Passend zum Thema seines Vorredners betrachtete Philipp Rosenauer, Director, Legal FS Regulatory & Compliance Services, PwC Schweiz (Zürich), das Thema Big Data und Regulatory Compliance. Unter dem Motto „Data ist the new Oil“ plädierte der Vortragende dafür, dass Unternehmen Daten nicht mehr als reines IT-Tool verstehen sollen. Vielmehr sollten Unternehmen diese – allen prozessualen Herausforderungen zum Trotz – als strategische Assets nutzen.
Im finalen Vortrag demonstrierte Prof. Dr. Stefan Seidel, Inhaber des Lehrstuhls für Informationssysteme und Innovation, Universität Liechtenstein, was die Finanzindustrie von der Videospieleindustrie lernen kann. Im Wege eines „product assisted learning“ können auch Finanzintermediäre bereits eingesetzte Produkte durch Benutzer-Feedback und daraus gewonnenen Daten deutlich optimieren.
Der Propter Homines Lehrstuhl für Bank- und Finanzmarktrecht der Universität Liechtenstein dankt allen Referenten, Teilnehmenden, seinen Kooperationspartnern sowie dem Institut für Finance und dem Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Liechtenstein für die freundliche Mitwirkung. Zusammenfassend scheint der Leitsatz des letztjährigen Events dieses Jahr noch passender, denn „digital“ ist vor allem in dieser herausfordernden Zeit „das neue Normal“.
Halten auch Sie mit dem raschen digitalen Wandel Schritt: Mit dem Weiterbildungsprogramm im Bereich Recht und Digitalisierung ist die Universität Liechtenstein Ihr Partner für das richtige Know-how: Zertifikatsstudiengang Digital Legal Officer, Start Januar 2021. Jetzt informieren – jetzt anmelden!