Im Rahmen von vier Vorträgen und einer Podiumsdiskussion wurden die Möglichkeiten von Initial Coin Offerings (siehe Fact Box) im Bereich Finanzierung aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet. Einleitend wies Jürgen Brücker, Rektor der Universität Liechtenstein auf die grosse Bedeutung dieser neuen entstehenden Technologien für das Land Liechtenstein hin. Er betonte dabei insbesondere die Vorreiterrolle, die Liechtenstein aufgrund der vielen Start-up-Unternehmen und des hervorragend ausgebildeten Finanzmarktes schnell einnehmen könnte.
Im ersten Vortrag erklärte Ass.-Prof. Dr. Martin Angerer vom Institut für Finance an der Universität Liechtenstein die Grundmechanik von ICOs und der dahinterliegenden Blockchain-Technologie. Er beleuchtete speziell die grosse Anwendungsvielfalt, die diese mit sich bringt, und erklärte anhand von Anwendungsbeispielen, wie sich ICOs von anderen Finanzierungsformen unterscheiden.
Im zweiten Vortrag beschrieb Prof. Dr. Nicolas Raschauer, Lehrstuhlinhaber Propter Homines Lehrstuhl für Bank- und Finanzmarktrecht der Universität Liechtenstein, die aktuelle rechtliche Situation von Initial Coin Offerings in Liechtenstein. Dazu grenzte er diese unregulierte Form der Unternehmensfinanzierung von verschiedenen aufsichtsrechtlich determinierten Fallkonstellationen (AIF; E-Geld; Zahlungsdienste etc.) ab.
Im Anschluss zeigte Philipp Büchel vom Blockchain-Büro in Liechtenstein in einem aufgelockerten kurzweiligen Vortrag, wie Unternehmer durch ICOs die Blockchain-Technologie nützen können, um ihre Ideen zu finanzieren. Dazu wurde live vor Ort eine neue Coin erstellt und auch in eine Wallet transferiert. Die Teilnehmer waren verblüfft, wie einfach die Erstellung einer solchen Münze ist und somit wie überraschend gering die Einstiegshürde auf technischer Seite ist.
Im letzten Vortrag nahm Marc Bettinger die Sicht eines Investors ein. Er präsentierte neun konkrete Tipps und Tricks, die Investoren befolgen sollten, um gute ICOs zu erkennen und schlechte oder betrügerische ICOs aussortieren zu können. Der Vortrag wurde besonders aufgrund seiner Praxisnähe sehr positiv wahrgenommen und führte zu langen Diskussionen bis weit nach Ende der Veranstaltung.
Im letzten Teil der Veranstaltung diskutierten mit Marion Vogel, Marc Degen und Bernd Lapp drei bekannte Unternehmer zusammen mit Marc Bettinger über ihre Erfahrungen mit Start-up-Finanzierungen über die Blockchain-Technologie. Unter der Moderation von Martin Angerer wurden neben strategischen Fragen wie Standortwahl und die Ausgestaltung von Finanzierungsprozessen auch teils sehr kritische Fragen aus dem Publikum offen diskutiert, sodass die Teilnehmer ein umfassendes Bild von ICOs gewinnen konnten.
Aus den Diskussionen nach den jeweiligen Vorträgen als auch beim abschliessenden Aperó ging klar hervor, dass ICOs schon jetzt, aber vor allem auch zukünftig eine echte Alternative für junge Unternehmen darstellen können, um ihr Unternehmen mit finanziellen Mitteln zu versorgen. Die Universität Liechtenstein und insbesondere der Lehrstuhl für Finance, der in diesem Bereich auch Forschungs- und Praxisprojekte durchführt, bieten mit der Veranstaltungsreihe Blockchain in Finance eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis in Liechtenstein.
Factbox: Unter Initial Coin Offerings (ICOs) versteht man eine neuartige Methode zur Unternehmensfinanzierung. Diese ist in Teilen vergleichbar mit einer initialen Ausgabe von Wertpapieren an einer Börse. Bei einem ICO gibt es sich die Möglichkeit, sogenannte Tokens (oder Coins) für Projekte im Blockchain-Ökosystem via Crowdfunding zu erwerben. Der Besitz der Tokens gewährt dem Halter bestimmte vorher definierte Rechte, wie beispielsweise einen Dividendenanteil. Zudem erwerben Unterstützer oder Investoren des Projekts die Token um darauf zu spekulieren, dass sich später ein höherer Wert dieser Token ergibt, ähnlich wie bei einer Aktie an der Börse mit der Aussicht auf Kursgewinne.