Zum Auftakt gab Mag. iur. Bianca Lins von der Universität Liechtenstein einen Überblick darüber, welche Rechtsentwicklungen es auf europäischer Ebene in den letzten Monaten gab. Neben den aktualisierten Q&As der europäischen Aufsichtsbehörde ESMA, war es vor allem das Thema «Sustainable Finance», das aufhorchen liess. Erst kürzlich wurden nämlich von der EU-Kommission Änderungsvorschläge für delegierte MiFID-II-Rechtsakte veröffentlicht. Diese sehen vor, Kunden künftig über ihre Präferenzen bezüglich nachhaltiger Investments zu befragen, um diese dann in den Produktauswahlprozess und die Eignungsbewertung einfliessen zu lassen. Änderungen wird es damit auch in den Ende Mai publizierten Leitlinien ESMA 35-43-869 geben: «Die kürzlich veröffentlichen Guidelines zu einigen Aspekten der MiFID-II-Anforderungen an die Eignung werden vermutlich bis zum 4. Quartal 2018 hinsichtlich der Bestimmungen zu Nachhaltigkeitspräferenzen aktualisiert werden», so Lins.
Europäische Aufsichtsbehörden
Eine Stufe weiter ging Ass.-Prof. Dr. Judith Sild, Universität Liechtenstein, die in ihrem halbstündigen Vortrag die geplante Reform der europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) ausführlich darstellte. Diese wurden, in Reaktion auf die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise, 2011 geschaffen. Schon zu diesem Zeitpunkt war vorgesehen gewesen, dass die Notwendigkeit möglicher Reformen regelmässig zu prüfen ist. Mit dem Verordnungsvorschlag «zur Änderung der ESAs und anderer VOs» (COM(2017) 536 final) sollen nunmehr die Arbeitsergebnisse der ESAs optimiert und die Effektivität der Aufsicht gesteigert werden. Erreicht werden sollen diese Ziele durch eine Stärkung der Aufsichtsbefugnisse, einer Änderung der Governance-Strukturen und eine Anpassung der Finanzbestimmungen. Kritisch äusserte sich Ass.-Prof. Dr. Sild aus liechtensteinischer Sicht u.a. zu der künftigen Beteiligung in Organen der ESMA, insbesondere dem Direktorium, sowie dem Einsichtsrecht und Informationsfluss. Auch warf sie die Frage auf, ob künftig bei Regulierungen eine informelle Einflussnahme nur mehr im Rat der Aufseher möglich sein wird.
Grosse Herausforderung
Interessante Einblicke in die Praxis gaben Matthias Eberhard und Daniele Abbruzzese, beide Associate Partner bei Synpulse Management Consulting AG, die weltweit führende Finanzdienstleister bei der Umsetzung der MiFID II begleitet hatten. «Bei jeder Auslegung der Regulation steckt der Teufel im Detail. Eine einfache Anforderung kann in der Praxis weitreichende Fragen aufwerfen und höchst komplex in der Umsetzung sein», so Eberhard. Dennoch habe sich bei vielen Banken trotz der hohen Anforderungen gezeigt, dass MiFID II relativ stabil und zufriedenstellend läuft. Dass MiFID II aber auch für unabhängige Vermögensverwalter eine grosse Herausforderung darstellt, zeigte Abbruzzese in seinem Referat auf. Gerade für kleinere Intermediäre sei dies mit hohen operativen Kosten und neuen Verantwortlichkeiten bzw. Risiken verbunden. Insbesondere mit Depotbanken könne es zu Redundanzen kommen, die zu einem Abstimmungsbedarf führen und klarer Aufgabendefinition bedürfen. Dies sah Abbruzzese aber auch als Chance: «Den Depotbanken ergibt sich in Kooperation mit Tool-Anbietern die Möglichkeit, die Bindung zu kleineren und mittleren unabhängigen Vermögensverwaltern strategisch zu stärken.»
Nach einer Kaffeepause mit angeregten Diskussionen erläuterte Dr. Dominik Oberholzer, Partner bei Kellerhals Carrard Zürich, den aktuellen Stand hinsichtlich FIDLEG und FINIG in der Schweiz. Beide Gesetze wurden am Freitag, 15.6.2018, im Schweizer Parlament verabschiedet, um künftig als «gleichwertige Regelung» den Zugang zum EU-Markt zu gewährleisten. Banken seien aus dem neuen Regelwerk komplett ausgegliedert worden, neu hinzugekommen sei ein «Fintech/Crowdfunding»-Teil, welcher aufgrund der hohen Aktualität bereits ab 1. Januar 2019 gelten wird. Das in der Schweiz lang diskutierte «Grandfathering» wurde nunmehr aber nicht im Gesetz aufgenommen. «Spannend werden allerdings die Verordnungen», so Oberholzer, über die sei derzeit aber noch nicht viel bekannt.
Welche Erfahrungen mit MiFID II bzw. dem neuen WAG 2018 bislang in Österreich gemacht wurden, darüber berichtete Dr. Thomas Ruhm, Partner bei SCWP Schindhelm Rechtsanwälte in Wien. Die Erfahrung habe bisher gezeigt, dass je komplexer Regelungen seien, desto unsicherer wären die Reaktionen und Folgen. Insbesondere würde der immense bürokratische Mehraufwand sowohl von Banken als auch von Vermögensverwaltern und Börsen kritisiert. Ob es tatsächlich zur angestrebten Qualitätsverbesserung für Kunden kommen werde, sei derzeit noch unklar. «Erst wenn MiFID II eine Weile angewendet worden ist, wird sich die tatsächliche Wirkung ermessen lassen», so das Fazit von Dr. Ruhm.
Ländervergleich
Mit Spannung erwartet wurden auch die Referate der beiden Vertreter der liechtensteinischen Aufsichtsbehörde FMA. MMag. Dr. Matthias Wagner, stellvertretender Leiter der Abteilung Aufsicht im Bereich Banken, zeigte zunächst, dass im europäischen Ländervergleich viele Staaten am 3. Januar 2018 teils noch weit entfernt von einer vollständigen Umsetzung waren. «Aufgrund der hohen Komplexität der einzelnen Themen ist 2018 in vielen Bereichen noch ein Übergangsjahr», erklärte Wagner. Er wies aber gleichzeitig daraufhin, dass die Aufsichtsbehörde nicht nur die «neuen» MiFID-II-Themen prüfen werden, sondern selbstverständlich auch bereits etablierte durch MiFID-Anforderungen. Abschliessend veranschaulichte Ing. Josef Meusburger eindrücklich, dass Transaktionsmeldungen nach Art 26 MiFIR durchaus spannend sein können. Die FMA sehe sich die getätigten Transaktionen sehr genau an, insbesondere im Hinblick auf Marktmanipulationen und Missbrauch. Beim anschliessenden Apéro wurden noch angeregte Diskussionen geführt und Erfahrungen ausgetauscht.
Mag.iur. Bianca Lins