Es erscheint – schon alleine rein statistisch betrachtet – wenig realistisch, dass ein Unternehmenstypus, der in den deutschsprachigen Ländern mehr als 90 Prozent des Unternehmensbestands der jeweiligen Volkswirtschaft ausmacht, in Bezug auf Innovationsfähigkeit und -leistung dem Landesdurchschnitt hinterherhinken soll.
Einer der Forschungsschwerpunkte meines Teams am Lehrstuhl für Strategisches Management und Entrepreneurship an der Universität Liechtenstein und mir ist das strategische Verhalten von Unternehmen im Fürstentum Liechtenstein und in der Region sowie der Vergleich mit anderen deutschsprachigen Ländern. Hierbei versuchen wir, die Erfolgsfaktoren der heimischen Familienunternehmen – darunter auch Branchenriesen wie die Hilti, Hoval oder Ospelt (Familienunternehmen müssen nämlich nicht unbedingt klein sein, auch, wenn die Schnittmenge natürlich sehr gross ist) – durch unsere wissenschaftliche Forschung herauszuarbeiten und diese den Unternehmen im Land in Form von Praxisempfehlungen nutzbar zu machen.
Um in einer sich rasch wandelnden und sich immer weiter globalisierenden Welt, bei der die Konkurrenz nicht mehr wie früher um die Ecke oder im nächsten Ort sitzt, sondern nur noch „einen Mausklick entfernt“, überleben sowie langfristig erfolgreich sein zu können, benötigen Unternehmen Innovationen. Innovationstätigkeit gilt somit zu Recht als wesentlicher Standpfeiler für Unternehmertum. Wenn Familienunternehmen aber – bedingt durch die häufig betriebswirtschaftlich wenig rationale Komponente „Familieneinfluss“ – generell anders agieren als Nicht-Familienunternehmen, dann müsste dies ja auch in Bezug auf das Innovationsverhalten der Fall sein. Es stellen sich also folgende Fragen: Gehen Familienunternehmen auf der Suche nach Innovationen anders vor als Nicht-Familienunternehmen? Ist etwa der Einfluss der Familie auf das Tagesgeschäft oder die häufig langfristigere und risikoaversere Ausrichtung der Unternehmensziele ein Hindernis?
Wir haben an der Uni Liechtenstein eine der grössten wissenschaftlichen Studien zum Innovationsverhalten von Familienunternehmen weltweit durchgeführt, und dabei 1671 Unternehmen aus den vier deutschsprachigen Ländern (darunter 102 aus Liechtenstein, davon 83 Familienunternehmen) befragt und dabei Spannendes herausgefunden: Familienunternehmen sind keineswegs hinterwäldlerisch, sprich weniger innovativ, sondern sind lediglich anders innovativ. Und nicht nur ein Weg, sondern mehrere Wege führen zum Ziel einer erfolgreichen Innovationstätigkeit.
Mittels einer in der Betriebswirtschaftslehre neuartigen Analysemethode („fuzzy-set qualitatitive comparative analysis“), die Elemente quantitativer und qualitativer Sozialforschung im Sinne eines „mixed methods“-Ansatzes miteinander verbindet, konnten wir für Familien- sowie Nicht-Familienunternehmen in Bezug auf ihr Innovationsverhalten klar aufzeigen, dass Erfolg immer von der „optimalen Konfiguration“ der eingesetzten Mittel abhängt. Unsere Analyse zeigt: selbst, wenn viele Familienunternehmen weniger risikobereit sind und über geringere finanzielle Mittel verfügen, können sie trotzdem ihre familienunternehmensinternen Stärken ausspielen, und vor allem auf ihre persönlichen Netzwerke, proaktives Verhalten und eine höhere Kundenorientierung setzen, um diese Schwächen auszugleichen und letztlich ebenso erfolgreich innovieren zu können wie ihre nicht-familiengeführten Gegenüber.
Kommentar von Prof. Sascha Kraus, Inhaber des Lehrstuhls für Strategisches Management und Entrepreneurship und Leiter des Instituts für Entrepreneurship, Universität Liechtenstein