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Wieviel Sorgfaltspflicht muss sein?

…diese und andere Fragen wurden im Rahmen des 10. Liechtensteinischen Fondstages an der Universität in Kooperation mit dem Liechtensteinischen Anlagefondsverband (LAFV) mit Expertinnen und Experten kritisch erörtert und diskutiert.

Auch zum 10. Jubiläum des Liechtensteinischen Fondstages durften sich die Veranstalter reger Teilnahme erfreuen. Rund 75 Besucher folgten den namhaften Referierenden auf ihrem Streifzug durch jüngste europarechtlichen Rechtsakte, der (Nicht)-Umsetzung EWR-rechtlicher Vorgaben in Liechtenstein und den weiteren Herausforderungen und Chancen die auf den Fondsmarkt zukommen werden.

Einerseits darf sich die Fondsbranche über neue Höchststände freuen und auch die Bestätigung des AAA-Ratings für das Fürstentum lässt Freude im Wirtschaftsstandort Liechtenstein aufkommen. Ebenso scheint eine realistische Aussicht auf die erstmalige Zulassung eines Kryptofonds in Liechtenstein zu bestehen.

Andererseits bestehen Fragezeichen bezüglich der jüngsten, anlässlich der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie eingeführten neuen Sorgfaltspflichtenvorgaben. Christian Minkus, Stellvertretender Leiter der Abteilung Recht im Bereich Wertpapiere und Märkte, konnte zur Klärung des Umfangs der erweiterten bzw. verstärkten Sorgfaltspflichten beitragen. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass der überwiegende Anteil der liechtensteinischen Fonds bzw. deren Sorgfaltspflichtige bis zum 31.März 2019 erstmals Meldepflichten gegenüber der FMA zu erfüllen haben. Hinsichtlich der Details wird die Überarbeitung branchenspezifischer Wegleitungen und FMA-Richtlinien abzuwarten sein.

Eingangs wurden die Teilnehmer mit einem Kanon neuer EU-Verordnungen vertraut gemacht. Rolf Majcen zeigte etwa auf, dass es nicht immer gelingt, praxisrelevante und den Marktanforderungen entsprechende Vorgaben zu „schneidern“. Kritisch hinterfragt wurde in diesem Zusammenhang die Relevanz und Tragweite der neuen europarechtlichen Vorgaben für EuVECA, EuSEF und Geldmarktfonds. Ob etwa im Bereich der „Sozialfonds“, von denen europaweit in der ESMA-Datenbank bislang nur insgesamt vier registriert wurden und die nur marginale Bedeutung hatten, die neuen Vorgaben dazu beitragen können, einen Anstieg an Anmeldungen zu verzeichnen, wurde bezweifelt. Wesentlich relevanter hingegen wurden die Auswirkungen der Geldmarktfondsverordnung eingestuft. Dies alleine schon aufgrund des enormen Volumens der europäischen Geldmarktfonds, welches auf einer Höhe von beinahe einer Billion € einstuft wird. Aufgrund potenzieller systemkritischer Auswirkungen von Krisen im Geldmarktfondsbereich werden an die Verwalter solcher Fonds zukünftig auf Basis der jüngst erlassenen EU-Geldmarktfondsverordnung erhöhte (technische) Anforderungen gestellt. Ebenso wird auf Grundlage der GMF-VO ein Kanon weiterer delegierter Rechtsakte auf Geldmarktfondsverwalter und deren Verwahrstellen zukommen und weitere Nachschärfungen mit sich bringen.

Das in der neuen EU-Prospekt-VO vorgesehene Zusammentreffen von Anlegerschutz und Kapitalmarktöffnung für KMUs wurde von Thomas Zivny, (CHSH Rechtsanwälte GmbH Wien) pointiert und kritisch hinterfragt. Seine Schlussfolgerungen dazu waren ernüchternd: Eine durchgehende Linie im Bereich von Prospektformaten und –konzepten ist leider (immer) noch nicht zu erkennen.

Auch Vertreter von PwC waren mit Philipp Rosenauer und Stefan Moser wieder hochkarätig vertreten und appellierten an eine Auseinandersetzung und Berücksichtigung der PRIIPs Vorgaben sowie der Delegierten VO 2017/653. An diesen führt kein Weg vorbei, widrigenfalls der Produktvertrieb praktisch unmöglich würde. Eingehend wurde zudem die Frage behandelt, wann EU-Derivate der Handelspflicht nach MiFIR unterliegen. Zudem ist in naher Zukunft mit Registervorgaben der ESMA zu rechnen, wonach Klarstellungen hinsichtlich der Handelspflicht von Derivaten zu erwarten sind.

Markus Wagner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der 1741 Funds Management AG, diskutierte die Auswirkungen von MiFID II auf den Fondsstandort Liechtenstein. Sein zentraler Appell an die Fondsbranche lautete, dass MiFID II auch im Fondsbereich nicht gänzlich vernachlässigt werden dürfe. „Die Entscheidung über das Geschäftsmodell entscheidet darüber, welchem Regelwerk wir unterworfen sind“. Dazu wies er auf das Zusammenspiel und die komplexe Verknüpfung der wesentlichen Überschneidungen der Fonds- und Märkteregulierung, insbesondere zwischen MiFID II, UCITS V und AIFMD hin.

„Europa wächst zusammen“ – in zweierlei Hinsicht trifft dies auf den letzten Vortrag des 10. Liechtensteinischen Fondstages zu. Nico Spiegel, Mitarbeiter der Europäischen Kommission, wurde via Multimedia-Session direkt aus Brüssel zugeschaltet. Er referierte zum Kommissionsvorschlag eines „Pan European Pensions Products“. Dieses sieht eine den demografischen Herausforderungen des Europäischen Wirtschaftsraums Rechnung tragende private Pensionslösung vor. Durch den Vorteil seiner „Mitnahmemöglichkeit“ in andere Mitgliedsstaaten kann diese Vision zum weiteren Zusammenwachsen Europas beitragen.

Bericht von  Mag. iur. Marco Dworschak