Elf Studierende aus Architektur und Wirtschaftswissenschaft warfen ihr Fachwissen in eine Waagschale. Mit dem Projekt «Energy Renovation» entwickelten sie innovative Lösungen für die energieeffiziente Sanierung von vier Häusern der Energiestadt Vaduz.
«Die Entwürfe der jungen Leute zeigen, wie zeitgemäss und wie kostenbewusst sich alte Häuser energieeffizient sanieren lassen. Und zwar so, dass sie für Familien, für ältere Menschen oder auch für Studierende passen», sagt Martin Laukas, Energiestadtverantwortlicher für Vaduz. Der Architekt sass in der vierköpfigen Jury, die das Projekt «Energy Renovation – Residential Building» der Universität Liechtenstein zu beurteilen hatte. Für Vaduz eine gute Gelegenheit, machbare Ideen zu sammeln, um die nachhaltige Energiepolitik voranzutreiben.
Die Projektteams der Universität Liechtenstein mit den Jurymitgliedern Bernhard Gasser, Dr. oec. Barbara Eisenbart, Martin Laukas und Barbara Dillenkofer-Keppler.
Aus alt wird energieoptimiert zeitgemäss
Die Liegenschaftsverwaltung, die Martin Laukas leitet, betreut rund 100 Bauten, darunter Primarschulen, Kindergärten, Kirchenbauten, Sport- und Freizeitstätten, Mehrzweckhallen, Saalbauten, Wohnungen. Etwa ein Fünftel muss Vaduz – seit 2009 Energiestadt – energetisch sanieren. Für vier Wohnhäuser konnte Laukas an der Universität Liechtenstein innovative Anregungen mitnehmen: für das 1922 gebaute «Forsthaus» Haldenweg 10, das im gleichen Jahr im Landhausstil gebaute Haus Herrengasse 34, das Sieben-Reihen-Haus am Floraweg und das Mehrfamilienhaus Landstrasse 80, beide Baujahr 1972.
Neun Studierende des Bachelor- sowie des Masterstudiengangs Architektur und zwei des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaftslehre wagten dazu im Sommersemester 2015 den Blick über den Tellerrand. Gegensätze ziehen sich an und inspirieren einander. Darauf bauten die drei Dozenten der Universität Liechtenstein, die «Energy Renovation» als interdisziplinäres Modul leiteten. Die Ergebnisse: vier innovative und rentable Konzepte für nachhaltiges Bauen – und praxistaugliches Know-how.
Drei Ziele standen im Mittelpunkt: Erstens mussten die Kosten für Umbau und Sanierung in einem engen finanziellen Rahmen bleiben. Zweitens sollten die Häuser von Energiefressern zu bescheidenen Verbrauchern werden. Drittens ging es darum, die Häuser so zu sanieren und umzubauen, dass sie sich an zukünftige Bedürfnisse anpassen lassen. Es sind viele Details, mit denen die Modelle der Studierenden die vier Häuser aus der Masse hervorhoben. Vor allem weil sie zeigen, dass Sparsamkeit und gelungene Gestaltung kein Widerspruch sind.
So erhielt das Haus Haldenweg 10 Minergiestandard, einen behindertengerechten Eingang und grössere Apartments mit mehr Tageslicht, und das zu fairen Mietpreisen. Das Haus Landstrasse 80 wurde durch die energieeffiziente Sanierung zum Wohnturm für Studenten. Der Floraweg bekam einen Dachgarten und beherbergt 14 Apartments, was mehr Mieteinnahmen bedeutet. Und mit relativ kleinen Investitionen gaben die Studierenden dem Haus Herrengasse 34 zeitgemäss seine Persönlichkeit zurück. Im interdisziplinären Diskurs fanden die angehenden Architekten und Betriebswirtschaftler eine gemeinsame Sprache, die die Jury überzeugte.
Architektur trifft Betriebswirtschaft
«Die Studierenden verstehen jetzt, wie sehr sich die unterschiedlichen Disziplinen im täglichen Wirtschaftsleben brauchen. Und sie wissen nun, wie wichtig es ist, die Perspektive des Kunden – des Bauherren – zu berücksichtigen und mit ihm passend zu kommunizieren», fasst die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. oec. Barbara Eisenbart zusammen. Die Lehrbeauftragte im Bereich Fakultätsübergreifende Wahlfächer sowie für Innovation und Führung und Organisation der Universität Liechtenstein weiss, wie wichtig vernetztes Denken ist. Sie bringt ihre Erfahrung als START UP Coach im TECHNOPARK Luzern ein. Wer an einer Universität studiere, von dem werde nicht nur fachliches Wissen und Können erwartet. Mitgestalter in Wirtschaft und Gesellschaft seien gefragt – mit dem Blick fürs Ganze.
Entsprechend bietet die Universität in Vaduz seit Herbst 2014 fakultätsübergreifende Wahlfächer an. Hier werden Zukunftsfragen interdisziplinär in Lehre und Forschung bearbeitet. «Energy Renovation» war eines von acht Wahlfächer-Modulen im Sommersemester 2015. «Kurse mit starker Praxisorientierung und interdisziplinärer Zusammensetzung sind anspruchsvoll», erinnert Bernhard Gasser, Klimaingenieur (MSc) und Hochschuldozent für Architektur und Raumentwicklung. Und die Architektin und Baumanagerin Barbara Dillenkofer-Keppler ergänzt: «Wie im realen Berufsalltag ging es darum, einen Konsens zu finden zwischen Technologie, Architektur und wirtschaftlichen Aspekten.»
Ob die Energiestadt Vaduz die Konzepte der Studierenden so umsetzen wird?
Auf jeden Fall wird Martin Laukas Bürgermeister Ewald Ospelt über diese Projektarbeiten informieren.