Für viele Studierende stellt sich die Frage, wie sich eine teilzeitliche Berufstätigkeit – etwa zur Mitfinanzierung des Lebensunterhalts und zum Sammeln von praktischen Erfahrungen - oder auch die Betreuung von Familienangehörigen mit einem Studium zeitlich vereinbaren lässt. Die Universität Liechtenstein hat daher entschieden, die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Familie zu erleichtern, damit die Doppelbelastung die Studiendauer nicht über Gebühr verlängert.
Zeitfenster und Selbststudium
Die Bachelorstudiengänge an der Universität Liechtenstein sind so konzipiert, dass auch individuelle Studienverläufe und -planungen zur besseren Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Familie möglich sind. So bieten die Programme einen Gestaltungsspielraum, indem das Studienpensum zeitweilig oder dauerhaft reduziert wird. Je nach Ausmass dieser Pensumsreduktion erhöht sich die durchschnittliche Studiendauer entsprechend.
Ab dem kommenden Wintersemester finden im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (BWL) am Donnerstag nur noch Vorlesungen statt, für die keine Anwesenheitspflicht besteht. Die Inhalte der Vorlesungen können im Selbststudium erarbeitet werden. Der Freitag ist grundsätzlich lehrveranstaltungsfrei. Damit wird es für Studierende möglich, über das gesamte Studium hinweg mindestens zwei Tage pro Woche für Beruf beziehungsweise Familie zu reservieren.
Im Bachelorstudiengang Architektur bleibt der Mittwoch grösstenteils frei von Lehrveranstaltungen. Eine weitere Möglichkeit bietet das zeitversetzte Studium mit der Aufteilung der theoretischen Lehrveranstaltungen und dem praktischen Entwurfsunterricht auf zwei Semester.
Doch bereits heute ist eine Vereinbarkeit von Studium und Beruf möglich. Zwei Studenten – je einer aus dem Bachelorstudiengang BWL und dem Bachelorstudiengang Architektur – der Universität Liechtenstein schildern, wie sie ihren Alltag organisiert haben, um in beiden Tätigkeitsfeldern erfolgreich zu sein.
Gewinn für beide Seiten
Roman Klingler entschied nach dem Abschluss seiner Hochbauzeichner-Lehre, sich zum Architekten weiterzubilden, wollte aber trotz Studium weiterhin arbeiten. Seit dem Wintersemester 2014/15 studiert Klingler am Institut für Architektur und Raumentwicklung im Bachelorstudiengang, während er gleichzeitig rund 50 Prozent als Hochbauzeichner im Familienbetrieb arbeitet. Seine Studiendauer verlängert sich entsprechend, doch durch die «Kleinheit der Universität kann ich dennoch den Kontakt mit den Kommilitonen halten, auch wenn ich jedes Studienjahr auf neue Mitstudenten treffe.»
Lukas Kappelsberger hat sein Studium an der Universität Liechtenstein vor einem Jahr aufgenommen und begann nach dem ersten Semester mit zusätzlicher Berufsarbeit. Er arbeitet 20-30 % bei einer Sportorganisation und zusätzlich auch noch ehrenamtlich beim AIESEC, einer Studentenorganisation, die weltweit Studierende und Arbeitgeber in Kontakt bringt. Kappelsberger hat mit seinem Arbeitgeber eine Jahresarbeitszeit vereinbart, so dass er zu Prüfungszeiten nicht arbeiten muss und stattdessen vor allem im Sommer die Stunden leistet.
Klare Absprachen nötig
Den Hauptvorteil dieser Studium/Arbeit-Kombination sehen beide Studenten neben dem finanziellen Zugewinn im dauernden Abgleich zwischen dem Erlernten und der praktischen Umsetzung im Unternehmen. Roman Klingler betont, wie wichtig es ist, einen flexiblen Arbeitgeber zu haben, denn «Gruppenarbeiten erfordern immer wieder die Anwesenheit an der Universität zu einem anderen als dem üblichen Termin.»
«Wenn man klar kommuniziert, dass das Studium an erster Stelle steht und genau beobachtet, wie viele Stunden Arbeit je nach Studienverlauf möglich sind, bleibt man im Fahrplan und kann trotz Arbeit ausgezeichnete Noten erzielen“, ist sich Lukas Kappelsberger sicher.
V.l.n.r.: Lukas Kappelsberger & Roman Klingler