Für sein Auslandspraktikum reizte Johannes Peter Steidl, Student im Masterprogramm in Architecture, der «wilde Osten». Der entscheidende Tipp für das erfolgreiche, experimentierfreudige Büro BudCud Architects in Krakau, das auch Teil der Architekturbewegung Awangarda jutra? ist, kam von einer ehemaligen Kommilitonin.
Für sein Auslandspraktikum reizte Johannes Peter Steidl, Student im Masterprogramm in Architecture, der «wilde Osten». Der entscheidende Tipp für das erfolgreiche, experimentierfreudige Büro BudCud Architects in Krakau, das auch Teil der Architekturbewegung Awangarda jutra? ist, kam von einer ehemaligen Kommilitonin.
Warum hast Du Dir Krakau und dieses Architekturbüro für Dein Auslandssemester ausgesucht?
Zuerst hatte ich geplant nach Amsterdam oder Kopenhagen zu gehen - die Architekturhochburgen eben. Doch irgendwie reizte mich der ehemalige Ostblock – der «wilde Osten». Ich bin in der Oberpfalz, nahe der tschechischen Grenze aufgewachsen. Auch 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Auflösen des Ostblocks geistert immer noch diese Grenze im kollektiven Gedächtnis, zu der sich eine sprachliche und auch eine gewisse kulturelle Barriere gesellen. Ich legte also meinen Fokus auf die Städte der deutschen Nachbarländer Tschechien und Polen und entschied mich letztendlich für Krakau, nachdem ein Erfahrungsbericht eines ehemaligen Erasmusstudenten mich so sehr in den Bann dieser Stadt gezogen hatte.
Nun musste aber erstmal auch ein geeignetes Büro gefunden werden, dass sich auf Architektur und Stadtplanung spezialisiert. Von einer ehemaligen Kommilitonin aus Danzig bekam ich den entscheidenden Tipp: BudCud Architects – ein junges, experimentierfreudiges Büro, das erfolgreich und auch Teil der Architekturbewegung „Awangarda jutra?“ (dt. die Avantgarde von morgen) ist. Die Kommunikation lief hauptsächlich in Englisch, wobei auch deutsche und polnische Wörter und Ausdrücke mit in die Bürosprache einflossen.
www.budcud.org
Die Arka Pana – für deren Erbauung viel Blut vergossen wurde
Wie hast Du Dich auf Deine Berufspraxis im Ausland vorbereitet?
Natürlich musste die gesamte Papierbürokratie erledigt werden, was allerdings keinen allzu grossen Aufwand bedeutete. Auch die Wohnungssuche gestaltete sich recht einfach, da der Wohnungsmarkt einiges bietet, wodurch man auch recht schnell an eine schöne Altbauwohnung im Herzen der Stadt kommt oder idealerweise zwischen Ausgehviertel Kazimierz und der nördlicheren Altstadt Krakaus. So war es möglich in weniger als einer Woche Hostel-Aufenthalt direkt in eine Wohnung zu ziehen.
Auf was hast Du Dich am meisten gefreut? Was war die grösste Herausforderung?
Einerseits auf die Stadt und deren Bewohner und ganz einfach auf die andere Kultur und andererseits auf interessante Projekte bei BudCud Architects. Hier hatte ich die Möglichkeit öffentliche Plätze in Warschau zu entwerfen, an einem Wettbewerb für einen Sozialen Wohnungsbau in Breslau teilzunehmen oder auch am Erstellen von Revitalisierungskonzepten für Parkanlagen mit bis zu 9,4 ha zu arbeiten. Die grösste Herausforderung dürfte allerdings die Kälte und der Smog gewesen sein. Da wir zunächst keine konventionelle Heizung im Büro hatten, später dann Elektro- und Gasöfen wurde es teilweise so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte und wir uns richtig warm einpacken mussten. Rückblickend war aber auch dies eine wertvolle Erfahrung.
Das Hotel Forum an der Weichsel – eine Bauruine des Brutalismus
Der Smog, ausgelöst durch häusliche Feuerung von Holz, Kohle und im schlimmsten Fall Hausmüll versetzte die Stadt in eine gräuliche, verbrannt riechende Atmosphäre. Auch das Wasser war zudem stark gechlort, was ein Filtern oder Abkochen nötig machte. So erkennt man erst wieder in welchem Luxus wir eigentlich leben, mit sauberem Wasser, frischer Luft und gut beheizten Innenräumen – alltägliche Dinge, die man verlernt zu schätzen und vielleicht gar nicht mehr als so kostbares Gut wahrnimmt.
Wie hat Dich das Büro aufgenommen und während Deiner Arbeit begleitet?
Bei BudCud Architects wurde ich herzlich aufgenommen, sodass ich mich schnell als vollwertiges Teammitglied in die Bürostruktur einfügen konnte. Mir war es möglich, unabhängig zu arbeiten, eigene Ideen zu entwickeln, gemeinsam im Team zu besprechen, zu diskutieren und zu entscheiden. Betrachtet man die Ergebnisse, so war die Zusammenarbeit durchaus sehr fruchtbar und machte zudem Freude. Ausserdem erhielt ich viele Tipps für den Alltag oder auch für Ausflüge in Krakau und Umgebung und konnte vor allem über diesen Weg einen ganz anderen Einblick in die Kultur des Landes gewinnen.
Das postmoderne Kloster – eine Ikone der polnischen Architektur
Was hat Dir am besten gefallen? Was nimmst Du für Dein Studium, für Dich persönlich aus dieser Zeit mit?
Am besten hat mir neben den Projekten bei BudCud die pulsierende Atmosphäre der Stadt gefallen. Durch die vielen Studenten, kleine Kneipen und günstigen Restaurants fühlt man sich recht schnell wohl in der Stadt.
So bin ich sehr froh diesen Schritt ins unbekannte Ausland gemacht zu haben. Das Überschreiten dieser gedanklichen Barriere, die der Eiserne Vorhang hinterlassen hat, erweitert den eigenen Horizont um ein ausserordentliches Stück.
Du hast während Deines Auslandspraktikums den Blog „Ab nach Krakau“ veröffentlicht. Was war das Thema und wie wurde er angenommen?
Mein Thema war der Alltag in Krakau verknüpft mit Informationen über die Architektur vor Ort - eben Dinge mit denen man täglich konfrontiert war. Auf Grund der geführten Statistik meines Blogs kann ich einsehen, wie viele Zugriffe täglich stattfanden. Im Schnitt waren es 20-30 tägliche Besucher und 3-4 Spitzen mit bis zu 80 Besuchern täglich.
krakau.auslandsblog.de/
Auf der Suche nach sehenswerter Architektur in Krakau stiess auch mein ehemaliger Professor von der Ostbayerischen Technischen Hochschule auf den Blog, konnte so interessante Projekte herausgreifen und Kontakt zu mir aufnehmen. Solch eine Resonanz freut einen natürlich und belohnt das regelmässige Schreiben.
Du schliesst nun nach der Berufspraxis im Ausland dein Masterstudium ab. Gibt es schon einen Plan für die Zukunft?
Der Abschluss eines Masterstudiums setzt natürlich einen besonderen Meilenstein im Leben, sitzt er doch meist an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Beruf. Auch wenn der nächste Schritt noch nicht klar umrissen ist, so steht für mich fest, dass ich mich der Bewahrung der Attraktivität des ländlichen Raumes widmen möchte. Durch eine nachhaltige Stadtplanung lässt sich der Druck auf den Wohnungsmarkt der Grossstädte nehmen und das Aussterben der Innenstädte in ländlichen Räumen lindern.
Johannes Peter Steidl
- Herkunftsland: Deutschland
- Studiengang: Master of Science in Architecture (Sustainable Urban Design)
- Semester: Letztes Semester
- Wohnort in der Region: Vaduz
Auslandspraktikum
- Land: Polen
- Gewähltes Büro: BudCud Architects
- Dauer: 6 Monate
- Wohnform: Eigene Wohnung