von Dr. Mario F. Broggi
Im Film «more than honey» verarbeitete der Schweizer Regisseur Markus Imhoof das weltweit in Fachkreisen bekannte «Bienensterben» und zeigte u.a. auf, dass in China der Mensch die Kleinarbeit der Bienen bei der Bestäubung des Feldobstes übernehmen muss. Der Weltrat für biologische Vielfalt bezifferte den Wert dieser durch Bienen bestäubten Nahrungsmittel auf 235 bis 577 Milliarden US Dollar jährlich. In unseren Breiten hat sich der wichtigste Ernährungsort der Bienen – die bunte Blumenwiese – durch Überdüngung auf 1 – 2 % des Bestandes vor 50 Jahren mit dem Wirken der modernen Agrarwirtschaft reduziert.
Unser «ökologischer Fussabdruck» ist 3 – 4 mal zu gross. Unter dem ökologischen Fussabdruck wird die Fläche auf Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und -standard eines Menschen mit den heutigen Produktionsbedingungen zu ermöglichen. Die «Grenzen des Wachstums» wurden uns bereits im Jahre 1972 von Dennis Meadows aufgezeigt. Bei der damaligen Systemanalyse stand medial die Ausbeutung von Rohstoffreserven im Vordergrund, die Zerstörung des Lebensraumes wurde 1992 mit dem Erdgipfel von Rio mit dem Begriff der Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt.
Es gibt in unserer physischen Welt mit endlichen Ressourcen kein unendliches Wachstum
Noch ist der überwiegende Teil der Menschheit nicht bereit die Konsequenzen aus den Verwerfungen des industriellen Fremdversorgungssystems zu ziehen. Es fehlt uns jede Übung es anders zu machen. «Mehr» bedeutet in der Regel auch «besser»: mehr Lohn, mehr Umsatz, mehr Wirtschaftswachstum. Wir brauchen angeblich mehr Wachstum. Es wird bedauert, dass in China das Wachstum «nur» mehr 6.5 % pro Jahr ausfalle.
Mit unserem ehemals grossen Vorrat an Kohlestoffablagerungen wurde die Illusion geweckt unser Erfolg auf Erde hänge mehr vom menschlichen Erfindungsreichtum und technologischer Tüchtigkeit ab, als von der Natur und ihren Rahmenbedingungen. Die bisherige Form des Wirtschaftens hat zwar einen Teil der Menschheit erheblichen materiellen Wohlstand gebracht, nur eben zu Lasten Anderer und vor allem der Biosphäre. Auch bei energischem Umsetzen von Umweltschutzund Effizienzstandards können die herrschenden negativen Tendenzen nur abgemildert, aber nicht verhindert werden. Es gibt in unserer physischen Welt mit endlichen Ressourcen kein unendliches Wachstum.
Die herkömmlichen Wirtschaftstheorien werden im Rahmen thermodynamischer Gesetzmässigkeiten überdacht und überarbeitet werden müssen. Wir wurden auf wirtschaftliche Nützlichkeit getrimmt und das Bildungssystem passte sich den Marktbedingungen an. Wir erhalten so kein besseres Verständnis der komplexen Transformationsprozesse für mehr Nachhaltigkeit.
Unsere Gesellschaft muss den Arbeitsbegriff neu überdenken, den nötigen sozialen Leim entwickeln und das Gedeihen der Mitwelt bejahen. Die herkömmliche Annahme, dass Wissen Macht ist, die dem persönlichen Vorteil dient, wird in eine Auffassung übergehen, welche die gemeinsame Verantwortung für das kollektive Wohlerheben der Menschheit und des Planeten als Ganzes mitträgt. Die Liechtensteiner Universität hat diesbezüglich zwei wertvolle Brückenpfeiler mit der Architektur und der Ökonomie. Wir müssen den Lernenden die Freiräume geben, die zum Nach-, Vor- und Querdenken nötig sind. Es gilt die Denkbarrieren zu beseitigen, die die «Wirklichkeit» nur so sehen lässt, wie sie nach verbreiteter Auffassung erscheint und nicht wie sie ist.
In der Rubrik «Denkanstoss» äussern Autoren ihre persönliche Meinung. Diese spiegelt nicht zwingend die Auffassung der Redaktion des Wissensmagazins Denkraum oder der Universität Liechtenstein wider.
* Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Mai 2016 Ausgabe des Wissensmagazins Denkraum.