Nach den einleitenden Worten von Dr. Rainer Silbernagl, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Postdoktorand am Propter Homines Lehrstuhl für Bank und Finanzmarktrecht, widmete sich die Veranstaltung den speziellen gesetzlichen Rahmenbedingungen unterschiedlicher Zielmärkte.
Als Einstieg referierte Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V., Bonn, zu den Auswirkungen der IDD auf die Versicherungs- und Vertriebslandschaft aus deutscher Sicht. Dass die Neuregelung der Versicherungsvertriebsrichtlinie grosse Herausforderung für die Interessenspolitik mit sich bringt, zeige nicht nur die Bandbreite an in dieser Richtlinie getroffenen Regulierung, sondern die auch abseits der IDD zu beachtende Regelungen, wie beispielsweise die DSGVO.
Dieser Feststellung konnte Gerhard Veits, Geschäftsleitung Veits & Wolf Versicherungsmakler GmbH, Bludenz, in seinem Referat über die Auswirkungen der IDD aus österreichischer Sicht nur zustimmen. Zusätzlich verwies dieser auf die Wichtigkeit der durch die IDD eingeführten Statusklarheit des Dienstleisters. Bereits bei Anmeldung muss sich der Versicherungsvermittler nun entscheiden, ob er sein Gewerbe als Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten oder als Versicherungsagent ausüben möchte.
Auch die liechtensteinische Versicherungs- und Vertriebslandschaft erfuhr durch die IDD einige Neuerungen. Gleich eingangs stellte Dr. Daniel Koller, Vizepräsident Verband Liechtensteinsicher Versicherungsmakler (LIBA), Vaduz, in seinem Vortrag fest, dass man hierzulande nun „genau ein Jahr und einen Tag in der IDD unterwegs sei“ und sich hierbei zwischen „konstruktiven Gedankengut“ und aus praktischer Sicht hinterfragbaren Regelungen bewege. Als Fazit zog der Referent, dass es künftig in der Versicherungsbranche vor allem auf die Spezialisierung der Dienstleitungserbringung ankomme.
Ob das sogenannte Insurance Product Information Document als „Beipackzettel für Nicht-Lebensversicherungen“ ein Mehrwert oder doch nur ein Mehr an Bürokratie bedeutet, analysierte Mag. Christian Eltner, Leiter der Abteilung Recht und Internationales, Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Wien. Da diese Musterinformationsblätter „keinen Kühlschrank, sondern ein hoch komplexes Vertragsprodukt“ möglichst einfach und knapp beschreiben sollen, stehen die Interessenverbände bei der Erstellung dieser Informationen vor nicht geringen Herausforderungen.
Den zweiten Teil der Veranstaltung leitete Dr. Klaus Mattar, Aktuar DAV, Managing Director, RGA International Reinsurance Company dac, Köln, ein. In seinem Vortrag zum Thema „Disruptive Tendenzen im (Lebens-)Versicherungsmarkt? – Wandel der Geschäftsmodelle zwischen Erst- und Rückversicherer“ attestierte er Liechtenstein ein „Hub“ für neue Geschäftsmodelle zu sein. Aufgrund geänderter Gesellschaftsstrukturen, welche auch vor der Versicherungsbranche nicht Halt machen, betonte der Vortragende die Wichtigkeit, sich als Intermediär auf seine Kernfunktionen zu besinnen. Jeder Versicherer solle sich – auch mit Blick auf den Umstand, dass die Versicherungsbranche nicht als digitalisierungsfreundlich gelte – die Frage stellen, in welchem Gebiet dieser wirklich noch hervorragende Leistungen erbringen kann und sich sodann auf diese konzentrieren.
Einen Überblick über das Rentensystem in Österreich gab Thomas Wondrak, bAV-Experte, konsequent wondrak, Wien, und zeigte die Unterschiede und Besonderheiten der betrieblichen Altersvorsorge in Österreich auf. Der Referent attestierte Österreich eine sehr starke staatliche Ausprägung in der Alterssicherung – 90% der Bezüge kommen weiterhin aus der staatlichen Alterssicherungen, nur 4% aus der privaten Vorsorge.
Dies kann vor allem als Kontrast zum Rentensystem der Schweiz gesehen werden, welches Thema des Vortrags von Adrian Gröbli, Leiter Bereich Lebensversicherung, Schweizerischer Versicherungs- verband SVV, Zürich, war. Dieses ist bekanntermassen durch drei Säulen gekennzeichnet. Grundsätzlich liegt die Schweiz im globalen Vergleich von 34 Altersversorgungssystemen weiterhin im oberen Drittel. Nichtsdestotrotz bescheinigte der Vortragende dem Schweizer System, unter anderem aufgrund der steigenden Lebenserwartung bei einer geringeren Anzahl an Erwerbstätigen pro Rentenbezügern, einen hohen Reformbedarf.
Abschliessend widmete sich Mag. Karin Reiser, Juristische Spezialistin, Bereich Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA), Vaduz, dem Thema „Conduct Aufsicht“. Obwohl es sich hierbei um ein verhältnismässig neues Thema im Bereich der Aufsicht handelt, wurden von der europäischen Aufsichtsbehörde EIPOA bereits zwei recht detaillierte Strategiepapiere veröffentlicht. Auch beim Thema Conduct Aufsicht steht, wie bei IDD in ihrer Gesamtheit, der Schutz des Kunden im Vordergrund.
Auch im dritten Teil der vierteiligen Veranstaltungsreihe zur IDD, welche in freundlicher Kooperation mit dem Liechtensteinischen Versicherungsverband, dem Verband Liechtensteinischer Versicherungsmakler und der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, angeboten wurde, konnten die Tagungsgäste Antworten auf aktuelle Fragestellungen im Bereich des Versicherungsvertriebs für ihren beruflichen Alltag mitnehmen.