von Kornelia Pfeiffer
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Für ein Unternehmen heisst das zu fragen: Wer macht was, wann, wie und womit? BPM dient solcher Selbsterkenntnis. Die drei Buchstaben stehen für Business Process Management, wobei es darum geht, Geschäftsprozesse zu untersuchen, sie mit Hilfe von Kennzahlen abzubilden, zu dokumentieren und zu verbessern.
Welche kulturellen Werte die Menschen in einem Unternehmen teilen, ist entscheidend.
Prozessoptimierung gehört in mittleren und grossen Firmen, zum Teil auch in KMU zur gängigen Praxis. BPM beschäftigt sich jedoch nicht nur mit technischen Fragestellungen, sondern auch mit der Unternehmenskultur, der strategischen Ausrichtung und der Einbindung von Prozessbeteiligten. «Welche kulturellen Werte die Menschen in einem Unternehmen teilen, ist entscheidend», sagt Theresa Schmiedel, Assistenzprofessorin am Hilti Lehrstuhl für Business Process Management der Universität Liechtenstein.
Kulturelle Werte zahlen sich aus
Die Wissenschaftlerin hat in internationalen Studien unter die Lupe genommen, was bislang kaum jemand untersucht hat: Welche Rolle Kultur im Prozessmanagement spielt. Ihre Untersuchungen zeigen, dass sich die kulturellen Werte, die eine Unternehmenskultur ausmachen, positiv auf die Wertschöpfung auswirken, die in Geschäftsprozessen entsteht. Welche Werte das sind? Bei einer Delphi-Studie, also einer systematischen Befragung von rund 30 BPM-Experten aus Wissenschaft und Praxis weltweit kristallisierten sich vier kulturelle Werte heraus: Kundenorientierung, Exzellenz, Verantwortung, Teamwork.
Nur vier kulturelle Werte genügen also, um Geschäftsprozessmanagement erfolgreich umzusetzen. Genauer gesagt braucht ein Unternehmen eine klare Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden, eine kontinuierliche und innovative Verbesserung von Prozessen, Verantwortung und Commitment sowie Teamarbeit, die über Abteilungen hinweggreift. Um zu messen, wo ein Unternehmen kulturell steht, hat Theresa Schmiedel zusammen mit Kollegen aus Liechtenstein und Australien ein Kultur-Analyse-Tool entwickelt, womit ein Unternehmen messen kann, inwiefern seine Kultur den Erfolg seiner Geschäftsprozesse unterstützt.
Selbstcheck für Unternehmen
In 15 Minuten kann ein Unternehmen via www.bpm-culture.org herausfinden, inwiefern es seine Kunden in Arbeitsabläufen berücksichtigt, wie offen es für Prozessverbesserungen und -innovationen ist, wie stark sich die Mitarbeiter engagieren und wie gut die Teamarbeit über Abteilungen hinweg funktioniert. Wer mehr wissen will als die erste Diagnose zeigt, um zu mehr Selbsterkenntnis zu gelangen, kann eine tief gehende Kulturanalyse machen.
Über 1500 Mal wurde das Tool bereits eingesetzt. Internationale sowie regionale Firmen – aus der Automobil- und der Luftfahrtindustrie, Banken oder auch öffentliche Institutionen – haben bereits begonnen, ihre Unternehmenskultur als Erfolgsfaktor im BPM zu managen. Aus der Analyse haben sie strategische Ziele für die Entwicklung der Kultur abgeleitet und diese dann umgesetzt. «Die gelebte Unternehmenskultur spielt eine zentrale Rolle: Wert kann nur mit relevanten Werten geschaffen werden», unterstreicht Theresa Schmiedel.
* Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Mai 2015 Ausgabe des Wissensmagazins Denkraum.