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Standpunkt

Experimentieren für eine postfossile Zukunft

Über den gemeinschaftlichen Versuch für mehr Gesundheit, Nahrungsqualität und faire Arbeit.

von Andi Götz

Anfang 2015 haben wir – ein paar Menschen, die sich für Ernährung, Gesundheit und globale Zusammenhänge interessieren – die Gartenkooperative Liechtenstein-Werdenberg ins Leben gerufen. Die Idee ist einfach und andernorts bereits erprobt: Wir produzieren gemeinsam Gemüse und decken unseren Bedarf für das ganze Jahr. Dabei teilen wir uns die Arbeit, die Kosten, die Ernte und das Risiko.

Natürlich produzieren wir nicht vollständig an wirtschaftlichen Zwängen vorbei. Wer bei uns mitmacht, muss einen finanziellen Beitrag leisten, wir zahlen unserer Gartenfachfrau einen fairen Lohn, kaufen Setzlinge, haben ein benzinangetriebenes Auto und leben auch sonst nicht im Mittelalter.

Und doch: Wir sind nach einem Jahr schon 97 Haushalte: Junge, Alte, Singles, Paare, Familien. Die einen kommen vor allem wegen der Gemeinschaft, die anderen nur wegen des Gemüses. Aber alle arbeiten mit – für eine wöchentliche Gemüsetasche mindestens zehn halbe Tage im Jahr.

In diesem Sinne experimentieren wir ein wenig an einer postfossilen Zukunft herum. Irgendwann wird «höher, schneller, weiter» nicht mehr funktionieren, es werden nicht alle in alle Ewigkeit gut bezahlte Jobs haben und sich in der Welt der perfekten Arbeitsteilung glücklich kaufen können. Dann kann man auf uns zurückgreifen, die wir jetzt schon lernen, gemeinsam unser Gemüse selber anzubauen. Wir werden auch herausfinden, wie man das mit noch weniger Maschinen und mehr Handarbeit hinkriegt. 

In diesem Sinne öffnen wir ein kleines Fensterchen und blicken neugierig in eine Zukunft, in der Subsistenzarbeit gleichwertig neben Erwerbsarbeit geleistet wird und in der wir weniger abhängig von fossil angetriebener Massenproduktion sein werden. Wir sind noch am Üben, aber riesigen Spass haben wir jetzt schon.

* Dieser Gastbeitrag ist ursprünglich in der Mai 2016 Ausgabe des Wissensmagazins Denkraum erschienen.