Im Rahmen von vier Vorträgen wurden die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie (siehe Fact Box) im Bereich Finanzwirtschaft aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet. Einleitend wies Ass.-Prof. Dr. Martin Angerer, Assistenzprofessor für Finance an der Universität Liechtenstein, insbesondere auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten hin, die weit über die bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum hinausgehen. Die Blockchain zeigt Potenziale in allen Bereichen, in denen Werte gespeichert oder übertragen werden sollen.
Im ersten Vortrag erklärte Ass.-Prof. Dr. Johannes Schneider vom Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität Liechtenstein die Grundmechanik der Blockchain-Technologie. Er beleuchtete speziell den grossen Sicherheitsaspekt, den diese mit sich bringt, und erklärte anhand von Anwendungsbeispielen wie Bitcoin und Computerprotokollen, die Verträge abbilden oder überprüfen (so genannte Smart Contracts), wie die einzelnen Blöcke entstehen und miteinander in Verbindung stehen.
Anschliessend berichtete Mauro Casellini über die Erfahrungen der Bank Frick, die als Vorreiter im heimischen Markt bereits viel Know-how, insbesondere im Bereich Kryptowährungen, aufbauen konnte. Er stellte zudem spannende zukünftig denkbare Anwendungen vor, wie beispielsweise eine Ablöse des aktuellen SWIFT-Systems durch eine Blockchain-unterstützte Methode. Dies würde zu deutlich schnelleren Transaktionszeiten bei weitaus geringeren Kosten führen. Abschliessend stellte Casellini noch Möglichkeiten vor, wie man heute schon in Kryptowährungen mittels verschiedener Anlageinstrumente investieren kann.
Demelza Hays, Doktorandin an der Universität Liechtenstein, berichtete anschliessend von der aktuell am stärksten verfolgten Entwicklung, den sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs). In einem spannenden Vortrag beschrieb sie, wie die ICOs genützt werden, um Kapital für den Aufbau von Firmen zu lukrieren. Die Ausgestaltung der ICOs ist dabei höchst unterschiedlich, sodass Vorsicht bei der Investition geboten ist. In einem weiteren Teil ihres Vortrags wies Hays auch noch auf die potenziellen Vorteile von Kryptowährungen in der Vermögensanlage hin, da diese sich gut für die Diversifikation eignen könnten.
Im Abschlussvortrag beschrieb Patrick Bont von der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein aus erster Hand regulatorische Aspekte der neuen Technologie. Da „digital tokens“ (z.B. Kryptowährungen wie Bitcoin) klassischem Geld sehr ähneln, gelten hier die Anti-Geldwäsche (AML)- und know-your–customer (KYC; Legitimationsprüfungen bei Neukunden) -Gesetze. Aufgrund des wertpapierähnlichen Charakters mancher „digital tokens“ könnten entsprechende Teile des Wertpapierrechts anwendbar sein. Zum Schluss gab Bont einen Überblick über die regulatorischen Entwicklungen in Liechtenstein und in der EU.
Aus den Diskussionen nach den jeweiligen Vorträgen als auch beim abschliessenden Aperó ging klar hervor, dass diese junge Technologie die Finanzwelt zwar nachhaltig verändern wird, aber auch gleichzeitig noch in den Kinderschuhen steckt. Die Universität Liechtenstein, und insbesondere der Lehrstuhl für Finance, der in diesem Bereich auch Forschungs- und Praxisprojekte durchführt, bieten mit dieser Veranstaltungsreihe eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis in Liechtenstein.
Factbox:
Der Begriff „Blockchain“ bezeichnet ein spezielles Verfahren der Datenspeicherung und Authentifizierung, das verschiedene Datenblöcke – die „Kettenglieder“ – mittels kryptographischer Verfahren miteinander verknüpft. Mit der zunehmenden Popularität Blockchain-basierter Währungen wie Bitcoin oder Ethereum, entdecken auch traditionelle Finanzinstitute die Potenziale der neuen Technologie. Neben neuen Marktpotenzialen im Bereich Kryptowährungen bieten sogenannte geschlossene Blockchains, wie z.B. IBM Hyperledger, effiziente und kostengünstige Alternativen zu bestehenden Prozessen im Finanzsektor und Standardverträge können beispielsweise mit Smart Contracting deutlich schneller, sicherer und kostengünstiger abgewickelt werden