Emotionen bestimmen das tägliche Miteinander. Was sich im persönlichen Gespräch in Mimik und Gestik offenbart, zeigt sich auch im Internet. Fünf Forscher aus Liechtenstein, USA, Hongkong und Deutschland fanden heraus, dass sich die Gefühlslage eines Internetznutzers an der Art und Geschwindigkeit seiner Mausbewegungen ablesen lässt.
Ass. Prof. Markus Weinmann erklärt, wie das funktioniert: «Ein entspannter Computernutzer bewegt die Maus rasch in geraden Linien oder leicht gekrümmten Kurven. Je frustrierter oder negativer gestimmt er ist, umso langsamer, aber auch eckiger und länger fallen die Mausbewegungen aus.» Herausgefunden haben die Forscher dies durch wiederholte Experimente mit unterschiedlichen Vergleichsgruppen. So wurde zum Beispiel in einem der Experimente ein Teil der Probanden mittels eines IQ-Tests durch unlösbare Aufgaben frustriert, um anschliessend den eigentlichen Test zu absolvieren, bei dem die Mausbewegungen während einer Drag-and-Drop-Aufgabe gemessen wurden. Die Mausbewegungen wurden mit den Bewegungen einer Kontrollgruppe verglichen, die die gleiche Aufgabe erledigten, allerdings ohne vorherige Verärgerung. Markus Weinmann erklärt: “Wir konnten mit 82 Prozent Sicherheit anhand der Mausbewegungen erkennen, ob die Probanden negative Emotionen hatten.”
Wem nützt dieses Wissen?
Das Wissen um die Stimmungslage des Internetnutzers ist vor allem für die Betreiber von Onlineshopping-Plattformen von Nutzen, denn ein unzufriedener Besucher wird wahrscheinlich nicht wiederkommen, um einen Einkauf zu tätigen. Durch den Einbau eines Plug-ins auf ihrer Website können die Website-Betreiber negativ gestimmte Besucher anhand ihrer Maus-Bewegungen rasch identifizieren und gegensteuern – sei es durch ein Weiterleiten an den Kundenservice oder das Versenden einer automatisch generierten Entschuldigung. Aber auch für Versicherungsunternehmen kann das Entschlüsseln der Stimmung ihrer Website-Besucher von grossem Wert sein, erklärt Markus Weinmann: «Es lassen sich dadurch Verdachtsfälle für einen möglichen Versicherungsbetrug erkennen, die so gezielt überprüft werden können.»
Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift MIS Quarterly veröffentlicht, Titel: „Inferring Negative Emotion from Mouse Cursor Movements“. Die Autoren sind Martin Hibbeln (Universität Duisburg-Essen), Jeffrey L. Jenkins (Brigham Young University, USA), Christoph Schneider (City Universtiy of Hong Kong), Joseph S. Valacich (Universtiy of Arizona, USA) und Markus Weinmann (Universität Liechtenstein).
Zur Person
Dr. Markus Weinmann ist Assistenzprofessor am Hilti Lehrstuhl für Business Process Management am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Liechtenstein. Er hat zum Thema «Personalization of E-Commerce Websites» promoviert und unter anderem an der City University of Hong Kong, der TU Sofia und der TU Braunschweig gelehrt.