Internationale und supranationale Organisationen und Institutionen wie die OECD und die EU entwickeln seit geraumer Zeit vermeintlich allgemeingültige globale Standards insbesondere in den Bereichen Finance, Recht und Steuern. Welche Bedeutung diese Standards für die betroffenen Staaten, Anbieter und Kunden von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen im Wealth Management haben und welche Anforderungen, Chancen und Risiken damit allgemein sowie insbesondere auch für den Finanzplatz Liechtenstein verbunden sind, war Gegenstand von Impulsreferaten und einer umfassenden sowohl interdisziplinären als auch interaktiven Diskussion.
Neue Problemstellungen – neue Regulierung
Im Einzelnen gab Professor Dr. Michael Hanke einen tiefen Einblick in den Bereich des Anlegerschutzes bei indirekten Investmentprodukten. Anbieter solcher Produkte sind seit 1.1.2018 dazu verpflichtet, ein entsprechendes Informationsdokument (KID) zu erstellen, wobei die diesbezüglichen regulatorischen Vorgaben nicht durchgehend sinnvoll und teils sogar widersprüchlich sind. Professor Dr. Marco Menichetti ging auf fehlende Regulierungsstandards bei sog. ESG-Ratings (Environmental, Social, Governance) ein: „ESG-Ratings haben global eine sehr hohe Bedeutung in der Finanzbranche“. Dennoch würden allgemeingültige Beurteilungsstandards fehlen, was ESG-Daten wenig zuverlässig für Investitionsentscheidungen von Investoren macht.
Prof. Dr. Francesco Schurr befasste sich mit dem veränderten Wertebild des Treuhandberufs aufgrund der Neuerungen durch den automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten. Die neuen Meldepflichten der wirtschaftlichen Eigentümer führen bei Vermögensstrukturen zu einer vollkommenen Transparenz, wodurch der Sinn von solchen Strukturen zukünftig infrage gestellt werde. In diesem Zusammenhang befasste sich Professor Dr. Nicolas Raschauer mit der neuen Datenschutzgrundverordnung der EU, welche ab 25. Mai 2018 in Kraft tritt und einem wahren Regulierungsmonster gleicht. Die jeweils erforderliche Einrichtung einer Datenschutzcompliance und die Bestellung eines Datenschutzbeauftragen seinen nur Beispiele für zahlreiche Mehrbelastungen liechtensteinischer Unternehmen und Marktteilnehmer.
Professor Dr. Martin Wenz zeigte die Entwicklung der globalen und europäischen Steuerstandards grundlegend auf: „International verbindliche Steuerprinzipien regulieren den Steuerwettbewerb, internationale Steuertransparenz soll zur Sicherstellung privater Steuerkonformität führen.“ Ferner ging er auf die jüngst vorgelegten Änderungen des liechtensteinischen Steuergesetzes ein. Die damit verbundenen Auswirkungen auf den Finanzplatz Liechtenstein sind dramatisch, für die internationale Anerkennung aber von zentraler Bedeutung und daher unumgänglich.
Interaktive Diskussion
Anschliessende Fragen und Statements der Workshop-Teilnehmer an das Panel entfachten eine rege Diskussion über die Notwendigkeit neuer Regulierungsvorschriften und deren Auswirkungen auf den Finanzplatz Liechtenstein. Im Rahmen des abschliessenden Networking Lunchs konnten sich die Teilnehmer und Referenten des Workshops zudem persönlich austauschen und die aufgeworfenen Themen weiter vertiefen.