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Bergkapelle und Biogas: Zukunftsideen fürs Avers

Absolvierende des Studiengangs Architektur und Raumentwicklung haben Projekte für nachhaltiges Bauen von Cröt bis Juf entwickelt.

In der Vorstellung von Carla Rhiner steht sie schon da, hoch oben bei den Flüeseen, sichtbar von Avers-Juppa aus und  ymbolisch erzählend von Herkunft und Freiheit der Walser. Ein schlichter Bau in Bruchstein mit einem hölzernen Innenleben, positioniert an der Wanderroute des Walserwegs auf der Etappe von Juf nach Bivio: die Bergkapelle. Ein Orientierungspunkt, ein Wahrzeichen – noch ungebaut und vielleicht auch nie Realität werdend.

Die Idee gehört zu jenem Dutzend Vorschläge für nachhaltiges Bauen im Avers, die im Rahmen des Studiengangs Architektur und Raumentwicklung der Universität Liechtenstein in den letzten Monaten entstanden sind.

Von Norwegen bis Mexiko

Zum zweiten Mal nach 2010 haben Absolventinnen und Absolventen dieser Ausbildung die Gegend zwischen Cröt und Juf besucht, junge Leute von Norwegen bis Mexiko, und Projekte für das Tal entworfen; vergangene Woche nun haben einige von ihnen gemeinsam mit den Dozenten Dietrich Schwarz und David Kloeg die zwölf Ergebnisse in Cresta den Einheimischen vorgestellt.

Mit positiven Rückmeldungen, wie Gemeindepräsident Kurt Patzen bestätigt: «Es hat den Leuten sehr gut gefallen», stellt er fest. Die Bergkapelle, ein «Artists in Residence»-Programm mit einem zentralen «Kultur-Hus» in Cresta und  erschiedenen Spartenateliers rundherum, ein Gemeinschaftshaus für Seniorinnen und Senioren in Cresta, ein Badhaus oder eine Rückzugsunterkunft bei Juf – das sind nur einige der Vorschläge der Studierenden.
Als besonders realistisch stuft Patzen zwei weitere Ideen ein: die eines Schlachthofs in Cröt von Jonas Pfister und die einer Biogasanlage mit angeschlossenem Gewächshaus für den Gemüseanbau, kreiert von Madeleine Schwindt, beides Entwürfe mit landwirtschaftlichem Hintergrund.

Probleme würden gelöst

Ein Schlachthof, verbunden mit der Option auf Hof- oder Weidetötung der Tiere, wäre laut Patzen gerade aus der Sicht der jungen Bauern im Tal ein wertvolles zusätzliches Glied in der Wertschöpfungskette und könnte vielleicht im Rahmen eines Projekts regionaler Entwicklung PRE umgesetzt werden.

Die Biogasanlage wiederum würde ein aktuelles Problem der Landwirte lösen: Wegen der vielen wertvollen Trockenrasenstandorte im Tal, die nicht gedüngt werden dürften, sei es für die Bauern nicht immer einfach, den anfallenden Mist und die Gülle zu verwerten. Mit einer Biogasanlage wäre das anders. Schwindt errechnet bei rund 440 Stück Vieh im Tal respektive über 6000 Tonnen Hofdünger ein energetisches Potenzial von 450 000 Kilowattstunden Strom und 150 000 Kilowattstunden Wärmeenergie; diese Abwärme könnte für das ganzjährig betriebene Gewächshaus eingesetzt werden, wie Dozent Schwarz erklärt. Eine ökologische Landwirtschaft, so Schwarz, gehöre neben dem sanften Tourismus zur wirtschaftlichen Basis des Avers, und diese Basis gelte es nachhaltig zu stärken. 

Weniger Utopie als vor 13 Jahren

Damit würden sich die Ideen aus Vaduz bewusst ans Leitbild der Gemeinde anlehnen, stellt Patzen fest. Die Vorschläge seien alles in allem auch machbarer ausgefallen als noch vor 13 Jahren; damals habe es doch auch das eine oder andere eher utopische Projekt gegeben, erinnert sich der Gemeindepräsident – zum Beispiel für eine energieautarke turmartige Alpenclub-Hütte auf dem Prasgnolapass. Entscheidend sei aber, dass die Studierenden mit ihren Ideen die Leute im Tal aufrütteln würden. «Wir haben schon viel damit zu tun, das zu erhalten, was wir haben. Sie zeigen, dass es daneben auch Neues gibt.»

 

Dieser Text wurde im Original am 28. April 2023 in der «Südostschweiz» auf Seite 5 veröffentlicht, Autor ist Jano Felice Pajarola.