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Vorträge zum Schweizer FIDLEG & FINIG – «Sicherer Schweizer Hafen für Finanzdienstleister?»

Bereits im November 2015 verabschiedete der Schweizer Bundesrat die Botschaft zu einem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und einem Finanzinstitutsgesetz (FINIG). Diese Gesetzesvorlagen zielen darauf ab, den Anlegerschutz zu verbessern und einheitliche Wettbewerbsbedingungen für in der Schweiz agierende Finanzintermediäre festzulegen.

Die Gesetzesvorlagen sollen damit einen zu MiFID2 gleichwertigen Regulierungsrahmen schaffen. Dass dieses Thema hohe politische Brisanz besitzt, zeigt sich vor allem darin, dass die parlamentarische Debatte in der Schweiz bis heute im Gange ist. An der Universität Liechtenstein fand zu dieser Thematik am 17. April eine Veranstaltung statt, die die aktuellen Entwicklungen im Schweizer Finanzdienstleistungsrecht beleuchtete, die auch für den Finanzplatz Liechtenstein – vor allem jene nationalen Finanzintermediäre, die grenzüberschreitend agieren – von Bedeutung sind.

 

Prof. Dr. Rolf Sethe (Ordinarius UZH) erläuterte dem Publikum in seinem Vortrag die Neuerungen des FIDLEG/FINIG und ging im Detail auf einige ausgewählte Regelungen des FIDLEG ein. Neben den Bestimmungen zum Anwendungsbereich und zur Kundensegmentierung war der Fokus vor allem auf die zukünftigen Verhaltenspflichten der Finanzdienstleister gerichtet. Dabei präsentierte Prof. Dr. Rolf Sethe ebenso den derzeitigen Stand der Gesetzgebung sowie die verschiedenen Positionen des Bundesrates, Ständerates und Nationalrates.

So bestünde insbesondere über Aspekte der Weiterbildungspflicht, der Zurverfügungstellung von Basisinformationsblättern oder der Rechenschaftspflicht noch keine parlamentarische Einigung. Klar positionierte sich Prof. Dr. Rolf Sethe gegen eine „Safe Harbour“-Regelung in Bezug auf das Aufsichtsrecht. Vielmehr plädierte er für die Anwendung des Prinzips der Ausstrahlungswirkung, was letztlich nun auch vom Parlament vorgesehen sei. Kritisch würdigte er zudem, dass etliche Vorgaben – etwa hinsichtlich Angemessenheits- und Eignungsprüfung – nur für die Vermögensverwaltung, nicht aber für die Anlageberatung anwendbar seien, wofür keine objektive Rechtfertigung ersichtlich sei. Damit bliebe der Kundenschutz in diesem Teil hinter der europäischen Regelung zurück.

Abschliessend untersuchte Prof. Dr. Rolf Sethe Kernpunkte des FIDLEG/FINIG auf deren Äquivalenz zu den Anforderungen der MiFID2 im EU-Raum. Er statuierte dabei die Gleichwertigkeit einzelner Bestimmungen, verschwieg aber nicht, dass in einigen zentralen Themenbereichen, wie Retrozessionen, der Treue- und Sorgfaltspflicht oder den Voraussetzungen für Execution-only-Geschäfte, Divergenzen zu orten seien. Über die Äquivalenz als Prämisse für den EU-Marktzugang habe jedoch letztlich die EU-Kommission zu entscheiden.

 

Ergänzend zu den Ausführungen von Prof. Dr. Rolf Sethe behandelte Philipp Rosenauer (Manager PwC Zürich) in einem Statement die Frage, was ein liechtensteinischer Finanzdienstleister in Zukunft mit Blick auf die Gesetzesvorhaben FIDLEG/FINIG zu beachten habe, wenn er Kunden in der Schweiz betreue und wies auch hier auf einen gewissen Gap zwischen den geplanten Regelungen des FIDLEG/FINIG und MiFID2 hin.

 

Beide Vortragende hinterfragten die Gleichwertigkeit einzelner Bestimmungen des FIDLEG/FINIG zu MiFID2, waren sich aber einig, dass die Stossrichtung der Schweizer Gesetzesvorlage stimme. Denn die Gleichwertigkeit einer Regelung erfordere grundsätzlich nicht idente Vorgaben, sondern liesse partielle Abweichungen durchaus zu. Letztlich stimmten auch beide Vortragenden darüber überein, dass FIDLEG/FINIG wohl nicht vor 2020 in der Schweiz in Kraft treten werde.